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BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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Schwann-Zellen erfüllen eine ähnliche Funktion, jedoch nur im PNS. Jede Schwann-Zelle bildet nur ein
Myelinsegment, während ein Oligodendrocyt mehrere Segmente bildet, teilweise an mehreren Axonen
gleichzeitig. Wie bereits im 3. Kapitel beschrieben, wird durch die Myelinscheide eines Axons die
Leitungsgeschwindigkeit für Aktionspotenziale deutlich erhöht.
Schwann-Zellen besitzen zudem noch die Fähigkeit, die Regeneration verletzter Axone zu unterstützen.
Bei Säugetieren ist daher die neuronale Regeneration auf das periphere Nervensystem beschränkt.
Astrocyten sind die größten Gliazellen. Auch sie besitzen zum Teil lange Fortsätze, daher ihr Name:
Sternzellen. Die Zellverlängerungen einiger Astrocyten ummanteln die Epithelzellen der Blutgefäße, die
das Gehirn durchziehen, und sie können Kontakt mit den Somata von Neuronen aufnehmen. Derartige
Astrocyten sind Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke, auf die wir noch zu sprechen kommen werden. Aber
es gibt auch andere Typen von Astrocyten, die eine Vielzahl verschiedener Funktionen erfüllen können.
Die vierte Klasse der Gliazellen umfassen die Mikroglia. Sie sind, wie der Name vermuten lässt, die
kleinsten Gliazellen. Sie können abgestorbene und absterbende Neuronen entfernen und
Entzündungsprozesse auslösen. Mikrogliazellen werden also bei Krankheiten und bei Verletzungen aktiv.
5.2.3
Das Rückenmark
Mit der „Erfindung“ der Wirbelsäule, der namensgebenden Struktur der Wirbeltiere, entstand auch eine
weitere neue Struktur, das Rückenmark. Es befindet sich, gut geschützt, im Wirbelkanal. Die Wirbelsäule
und die Rippenbögen sind, sozusagen, die letzten Rudimente eines evolutionär ursprünglichen
segmentierten Grundbauplans, wie er bei zahlreichen anderen Tierstämmen wie den Würmern und
Insekten auch äußerlich noch deutlich zu erkennen ist. Nicht nur die Wirbelsäure, sondern auch sein
Inhalt, das Rückenmark, sind segmentiert. Wie wir bereits erfahren haben, gehört das Rückenmark zum
zentralen Nervensystem (ZNS), das das Gehirn mit dem peripheren Nervensystem (PNS) verbindet.
Im Querschnitt ist deutlich erkennbar, dass das Rückenmark aus zwei verschiedenen Bereichen besteht.
Eine innere graue Substanz, die die Form zweier Schmetterlingsflügel hat, und eine die Flügel umgebende
weiße Substanz. Die äußere Schicht erhält seine Färbung durch das Myelin, denn die weiße Schicht
enthält hauptsächlich myelinisierte Axone. Der graue Bereich besteht hauptsächlich aus Somata, also den
Zellkörpern der Neuronen, und aus Interneuronen. Letztere besitzen keine Myelinscheide, da sie, wenn
überhaupt, nur ein sehr kurzes Axon besitzen. Innerhalb der grauen Substanz verläuft der Zentralkanal
des Rückenmarks.
Er ist, wie auch die Ventrikel des Gehirns, mit denen er verbunden ist, mit Liquor gefüllt und mit einer
dünnen Epithelschicht, dem Ependym, ausgekleidet.
Im Querschnitt gut erkennbar bildet die graue Substanz zwei sich in Richtung des Rückens erstreckende
„Arme“, die bis zur Grenze der Schnittfläche reichen. Diese Strukturen bezeichnet man als Dorsalhörner
oder als Hinterhörner. Die beiden ventralen Bereiche der grauen Schmetterlingsform nennt man
entsprechend Ventral- oder Vorderhörner.